Ich behaupte jetzt mal, ja auch wenn es dir, du weißt schon wer, nicht gefällt: Der Weg ist das Ziel ist keine weibliche Aussage!
Der Satz, der mir wirklich auf den Zeiger geht, um es höflich auszudrücken und der auch so gern von Frauen, nicht nur fernöstlich orientierten, angewendet wird, ist:
Der Weg ist das Ziel...
Natürlich weiß ich nicht, wer tatsächlich diesen nervigen Ausspruch geschaffen hat, es könnte auch eine Ameise gewesen sein. Auf mich wirkt er wie eine Beschäftigungstherapie, bei der Sisyphus Pate stand. Aber eigentlich will ich es auch gar nicht wissen, wer sich das ausgedacht hat, doch es war bestimmt keine Frau.
Der Satz schließt immerhin ein, dass ein Ziel wohl vorhanden sein muss, sonst bräuchten wir uns ja gar nicht auf den Weg machen. Ursprünglich ist der Mensch so strukturiert, dass er sich nicht oder nur unter Not von dem heimatlichen Standort fortbewegte. Den Wohn- oder gemeinsamen Lebensplatz (weiträumig, also landschaftlich gedacht) verlassen zu müssen, bedeutete, vielleicht alles zu verlieren, aufwändig Sack und Pack mitzuschleppen, die vertrauten Gefilde aufzugeben und sich einer ungewisse Zukunft zu zuwenden. Ohne zu wissen, ob hinter dem nächsten Wald oder Berg die Welt so ähnlich ist, wie die, aus der sie gerade kamen. Wege gehen nur des Lernens willen oder um sich Bewgung zu verschaffen ist eine sehr neuzeitliche Erfindung.
Natürlich weiß ich, dass sich der obige und allen gut bekannte Satz, mehr auf die Wege einer inneren Reise bezieht. Einer Reise, zur Erkenntnis des täglichen Umgangs mit anderen und zur Selbstfindung, auf die Erfahrung mit dem innersten Sein. Trotzdem gibt es auch dabei, soetwas wie ein konkretes Ziel, nur eben, dass uns die Erfahrungen, die wir auf diesem Weg sammeln bereits bereichern. Leider fühlt sich für mich diese Devise immer so wenig bodenständig, abgehoben, irgendwie männlich an.
Des (weiblichen) Menschen (Ur-)Tätigkeiten sind in der Regel zielgerichtet. Und das Erkennen, das geistig spirituelle Wachstum, passiert dabei wie von selbst, besonders im immerwährenden Umgang mit Kindern und ihrer Entwicklung. Das Leben einer Mutter besteht im konkreten Alltag aus zu bewältigenden Aufgaben und Arbeiten, sowie aus der (Für)Sorge für sich und die Ihren. Das hört sich nach unserer heutigen Definition nach Pflicht und Quälerei und Unfreiheit an. Dabei ist es das ganz normale (natürliche) Leben.
Die einstigen „Yin und Yang“-Theoretiker, die solch meditative Weisheiten in ihre elitäre Welt setzten, waren auch nur Patriarchen und sind unter Garantie keine Mütter gewesen. Die können sich nämlich im Alltag kaum ziellose Wege leisten. Ja nicht einmal das Abschotten ihrer „unabhängigen“, ungebundenen Seele, denn Mütter leben in der Verbundenheit eines Seelennetzes (oder sollten es zumindest).
Den männlichen Luxus der Bindungslosigkeit oder die ungeborgene Autonomie des Mannes, ist für Mütter nie eine Option gewesen. Die Mutter ist das Zentrum des Lebens und wir sind alle schon immer von dieser zentralen Mutterkraft abhängig.
Abhängigkeit ist jedoch heute ein weniger gern gesehener Zustand. Dabei ist dieses Abhängigsein in Gegenseitigkeit die Basis der Geborgenheit, an der es grundsätzlich heutzutage mangelt.
Ich jedenfalls befinde mich immer wieder auf vielen Wegen und sie haben alle ein Ziel.