30 November 2015

Das in die Pflicht genommene Elternpaar als moderner Garant des menschlichen Arterhalts und die Grenzen dieses Kunstprojektes...

Ständig begegnet mir, auf Grund der allgegenwärtig patriarchalen Gehirnwäsche in der modernen Denke die Annahme, dass die biologische Reproduktion des Menschen lediglich eine Sache zwischen einem Mann und einer Frau sei, da dieses natürliche Geschehen auf (Hetero)Sexualität beruht.

Das Paar, ob flüchtig bekannt oder dauerhaft vermählt, hat aus Sicht des Mainstreams eine Art
kongenitalen Fortpflanzungsauftrag inne. Hierbei steht die Zeugung, geadelt durch den beteiligten Mann, im ideologischen Focus, während das 'Austragen' und das 'Auf die Welt bringen' sowie das 'Aufziehen' des Nachwuchses der Mutter zugeordnet ist und sich damit in einer Art Grauzone der Gesellschaft abspielt
. Das Gros der Gesellschaft verhält sich dabei immer noch so, als würden Kinder, sind sie einmal da, von alleine groß oder sieht sie lediglich als das Nebenprodukt des sexuellen (Privat)Vergnügens des (Eltern)Paares.


Seit sich das Patriarchat etablierte, wird dem Mann prinzipiell, heute allerdings eher inoffiziell, mehrere Sexualpartnerinnen zugestanden, während die Frau durch die tradierte patriarchale Kultur brachial in der Entfaltung ihres Geburtsrechtes, der naturgemäßen (und somit verantwortungsvollen) Female Choice, behindert wird.

Das Problem dieser Betrachtungsweise – erwachsener Mann und erwachsenen Frau, egal wie gut sie sich kennen, machen untereinander beabsichtigt oder per dummen Zufall die Reproduktion der Spezies auf individueller Basis aus – ist nicht nur eine Denkfalle, sondern vernachlässigt im Sinn unseres Daseins das bewusste Integrieren des Nachwuchses in eine menschliche (Nähe)Gemeinschaft. Bei der Konzentration auf das (patrarchös) angesagte sexzentrierte Lust- und Fortpflanzungsgedöns wird regelmäßig das, was danach kommt, nämlich die uns menscheneigene und artgerechte Weise mit unseren Kindern das Leben zu teilen, unter den Teppich gekehrt. 
 
Mit dem Moment des Zusammentreffens von Eizelle und Spermium ist der biologische Part des Mannes als Mitzeugender eines neuen Lebens abgeschlossen. Weder die Schwangerschaft, noch die Geburt oder das anschließende mütterliche Fürsorgepaket, welches das Gedeihen des Nachwuchses gewährleistet, erfordert zwingend die Anwesenheit des männlichen Beteiligten oder wirkt sich als spürbarer natürlicher Effekt im Leben dieses Mann aus. Anders ausgedrückt, wenn ein Mann von seiner Vaterschaft nichts weiß, ändert sich absolut nichts für ihn (manchmal auch, wenn er es weiß). Keine hormonellen oder sonstigen physiologischen Hinweise seines Körpers signalisieren ihm die Existenz des Nachwuchses zu dem er sein Spermium beigesteuert hat. Wie auch, findet doch Entstehen und Heranwachsen eines neuen Individuums im Mutterleib statt.

Nur kulturell entstandene und kollektiv gestützte Sozialregeln machen einen Mann zum 'Vater' eines bestimmten Kindes. Sich seiner Vaterschaft (einigermaßen) sicher zu sein, setzt eine sozial gut organisierte Kontrolle über die (potentielle) Mutter voraus. Doch trotz der heute so selbstverständlich vorausgesetzte romantischen Liebe und der sich auf selbige berufende Gesetzteslage, bleibt die Zuordnung eines Kindes zu einem 'Vater' bzw. 'seine Rechte' an diesem, ein patriarchaler Akt. Schließlich wird eine jede Frau im Patriarchat so konditioniert, dass sie aus Liebe oder in vorauseilendem Gehorsam keinem Vater sein Kind vorzuenthalten hat und keinem Kind den Vater. Eines der größten (und fragwürdigsten) Dogmen der Neuzeit lautet: Ein Kind braucht seinen Vater!

Hier behaupte ich, dass es umgekehrt ist: Der Vater braucht das Kind! Der Mann, der sich nach moderner Lesart als Vater dieses Kindes begreift findet in so einem kleinen Menschenwesen oft genug seine einzige Anbindung in puncto Zugehörigkeit und Identifikation mit verwandten Angehörigen. Auch Väter sind letztlich verlorene Kinder der nicht mehr existierenden Mutter-Sippe. Der moderne, kinderliebe und fürsorgende Vater agiert hier seinen berechtigten und auch ihm immanenten Drang zur Geborgenheit in einer ihm wohlwollenden Gemeinschaft aus. Das Patriarchat bietet seinen Männern neben der, eher seltenen, privilegierten Machtoption nur noch das Kerngeschäft der Paarungsfamilie.

Das Menschenkind als individueller Teil einer Angehörigengemeinschaft, wurde unter den patriarchalen Verhältnissen zu einem Objekt. Und hier avancierte besonders der Sohn zur Figur und Einsatz in diversen Machtspielen. Vom kostbar gehaltenen Erben bis hin zum ausgebeuteten elenden Sklavenkind wird jedweder Nachwuchs dem Status des als Vater geltenden Mannes zugeordnet und seiner Anerkennung oder Verleugnung unterworfen. Die Kinder des Patriarchats wurden/werden vom Vater im Idealfall legitimiert oder durch diesen bzw. des ideellen Vatertums: geduldet, ignoriert, verdinglicht und sogar als Feind bekämpft. In patriarchalen Verhältnissen muss(te) das "vaterlose" und nur der Mutter zugehörige Kind mit gewissen Formen der Diskriminierung bis hin zur Entmenschlichung rechnen. Grundsätzlich galt das Kind, besonders in privilegierten Verhältnissen, als Eigentum des Vaters. Nahm der mutmaßliche Eigentümer keinen Anteil an einem Menschenkind, behandelte es die patriarchöse Gesellschaft in der Regel wie Freiwild, weitgehend rechtlos und ungeschützt.

In der naturgemäßen Fürsorgegemeinschaft, dem Matrifokal sind alle Töchter und Söhne, auch als erwachsene und alte Person, gemeinschaftsintegrierte und dabei frei handelnde Subjekte. Der (hierarchiefreie) Sozialverband einer artgerecht lebenden Fürsorgegruppe (der matrilinearen und matrilokalen Muttersippe) bestand/besteht aus konsanguinen* Angehörigen. Die männlichen Identifikationsbilder in einem solchem Alltag und im kollektiven Miteinander waren/sind die Söhne (der Mutter) und Brüder (der Schwestern, die Mutterbrüder). Was die Mutter (und Schwester) gebar, wuchs als selbstverständlich Teilhabende(r) unter dem Schutz aller heran. Der uns heute so vertraute Zustand, ein (dauerhaft oder temporär liiertes) Elternpaar (bestehend aus zwei Nichtverwandten), ist keine naturgemäße Voraussetzung und die patriarchal induzierte väterlichen Gewalt über das Kind (und seine Mutter), ist im Matrifokal undenkbar .

Das auf Androzentriertheit beruhende patriarchale Gesellschaftssystem beutet kollektiv das 'schwanger werden können' sowie die Gebärfähigkeit und die Mutterpotenz einer jeden Frau schamlos aus. Das steinzeitliche Sozialmodul 'Fürsorgegruppe' (Matrifokal), wurde durch Gewaltoptionen wie Geiselnahme, Versklavung und/oder Verheiratung der Frau (also ihre Überführung in pseudo-patrilineare und patrilokale Strukturen) sukzessive aufgelöst. 

Die Zerstörung der Muttersippe (die menschenartgerechte Matrix der matrifokalen Fürsorgegemeinschaften) sowie jede Form der Angehörigensippe als Lebensbasis, aus dem Alltag unserer Gesellschaft endgültig zu tilgen, dauerte bis heute an. 

Bewusste weibliche Veränderungsprozesse unsere Zeit sorgen aber auch für ein Abrücken von den tradierten Mechanismen der Partriarchose. Das (sich wieder) Besinnen auf unser naturgemäßes Dasein hat schon seit längerem begonnen. Und obwohl immer noch vielfach akzeptiert wird, dass der natürlich gestaltete, kollektive Arterhalt der Menschenspezies zu eine Art Privatvergnügen der Väter verkam (bzw. in unserer Zeit in der Hand von zwei Personen liegt, die eben noch Unbekannte waren), durchschauen mehr und mehr Frauen den Krampf, einer als Verpflichtung angelegten Elternschaft. Sie besinnen sich auf ihre Kompetenz des verantwortungsbewussten Mutternaturell (auf der Grundlage der evo-biologisch selektierten Female Choice). Heute wissen wir, dass der komplexe menschliche Arterhalt, der in unserer Moderne extrem auf den Begriff der sogenannten biologischen Reproduktion verkürzte wird, seit Anbeginn in den Händen der mütterlich und schwesterlich agierenden Weiblichkeit lag, unterstützt und begleitet durch die Brüder ihres Matrifokals.


* konsanguin - verwandt durch Geburt in mütterlicher Linie
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